Freitag, 25. September 2009

Wasser an Grenzflächen – die Geburt von Ordnung und stetiger Erneuerung

Lieber Michael, Dienstag 16.09.2001



Recht herzlichen Dank für Deine Zukunftspost vom 9. August 2009. Ich war ganz überrascht, dass es Dir wieder einmal gelungen ist einen so stark geschnittenen Ball so elegant zurückzuspielen. Du hast es nicht nur geschafft den Ball zu retten sondern hast ihn zentral platziert und damit meinen ganzen Ehrgeiz herausgefordert den Prozess weiter voranzutreiben.
Wollen wir uns deshalb weiter der Ergründung der Sternstunden der Evolution zuwenden. Wir sind uns glaube ich einig, dass die Partitionierung der Energie in die verschiedenen dissipativen, (wassergebundenen) Prozesse wie Verdunstung, chemische Reaktivität bzw. Ladungstrennung und Wasserspaltung in entsprechend kleinen Räumen durch Rückkopplung zu harmonischen Schwingungsmustern von variierender Intensität führt. Als Beispiel sei ein Trillerpfeifchen angeführt das entsprechend seiner Größe und seiner Raumform Töne verschiedener Frequenz und bezüglich seines Luftdurchflusses Töne verschiedener Intensität erzeugt. Durch eine Verdopplung der Pfeifchen kann die Intensität des Tones weiter gesteigert werden bzw. der Luftdurchfluss gesteigert werden.
Die chemischen Potentiale bzw. die Reaktivität an den Phasengrenzflächen von Wasser zum Feststoff oder zu größeren Molekülen bzw. Organismen sind bei gegebener Temperatur dementsprechend immer höher als im Wasser.
Reaktionsprodukte (Radikale, Präkursoren) die an solchen Grenzflächen entstehen werden unmittelbar nach Ihrer Bildung unter den herrschenden dynamischen Gegebenheiten (Temperatur) dorthin bewegt wo die geringsten Potentiale auftreten und damit ein minimaler Energiefluss vorherrscht oder wo durch Weiterreaktion (Polymerisation, Kondensation) der Radikale die Potentiale weiter abgesenkt, eine Stabilisierung der gebildeten Moleküle erfolgt und die Kohärenz (Abhängigkeit durch Einbettung) gesteigert wird. Der Reaktionsprozess wird bei stetiger Erneuerung der Potentiale solange weitergeführt bis die Bildung und der Zerfall im Reaktionsraum ein dynamisches Gleichgewicht bilden. Wenn mehrere Reaktionen stattfinden wird das stabilste Reaktionsprodukt das die Potentiale am besten absenkt auch das nachhaltigste darstellen und solange bestehen bis sich neue Potentiale und neue Strukturbedingungen aufbauen. Diese Reaktionen führen ferner zu einer Erhöhung der Wärmekapazität. Verzweigungsprozesse (Bifurkationsprozesse) werden dann eingeleitet wenn durch Instabilitäten im dynamischen Prozess die Varianzen ansteigen, sich dadurch perfektionierte Kreisläufe öffnen, der Wirkungsgrad abnimmt und Restpotentiale auftreten.
Wollen wir uns in einem System nun den Bifurkationspunkten (im Sinne Prigogines) zuwenden. Allgemein lässt sich feststellen, dass Bifurkationen (Verzweigungen) nur in energiedissipativen dynamischen Systemen vorkommen und zwar immer dann wenn im lokalen dynamischen Prozess durch Erschöpfung oder Veränderung von kapazitiven Größen eine Limitierung auftritt.
Am Beispiel eines sich verzweigenden Baches lässt sich der Verzweigungsprozess leicht nachvollziehen. Der Bach bremst sich an seiner Sohle bei gleichzeitiger Materialverlagerung und chemischer Erosion ab, die Breiten – Tiefenvarianz nimmt zu. Dabei wird durch die Verzögerung Material sortiert. Wenn sich bei zunehmender Strömung in den flachsten Zonen an den Stellen wo das Sohlmaterial wieder am leichtesten erodiert werden kann ein neues Bett bildet, haben wir parallel 2 Flussbetten eines in zunehmender, eines in abnehmender Phase. Rückgekoppelt an die jeweilige Geschwindigkeit des Wassers und der Möglichkeit des sich Abbremsens an der Sohle durch den energiedissipativen Prozess wird sich das Bachbett laufend verändern. Damit werden Bach- und Flusstäler ständig verändert samt Augebiete fruchtbar erhalten.
Die allgemeine Gesetzmäßigkeit für die Dynamik der Bifurkation ist also nur von den Materialeigenschaften und -verteilungen der Sohle und der dabei auftretenden Energiedissipation an den Phasengrenzflächen (Wasser-Feststoff) abhängig. Beschleunigungszonen erodieren dabei immer (mechanisch und chemisch), während in den Verzögerungszonen das Material wieder (mechanisch und chemisch) zeitversetzt deponiert wird. Der Zonenwechsel wird dabei immer durch eine zunehmende Varianz der Dynamik angezeigt. Rückgekoppelt an der Dynamik des Wasserflusses wird dabei die Differenz zwischen mittlerer Wassergeschwindigkeit und mittlerer Geschwindigkeit des Materialtransports maximiert.
Auch hier zeigt sich, dass die Varianzen in der Topographie und des Wasserhaltevermögens der Pflanzendecke sowie die Dissipation der Energie durch Verdunstung (Dämpfung der Temperaturschwankungen) die bestimmenden Parameter für die Nachhaltigkeit (den Wirkungsgrad) einer Landschaft, für die Dynamik der Bäche sowie für die Temperatur und ihrer Verteilung darstellt.
Es scheint also, dass die Bifurkationspunkte rückgekoppelt an der raumzeitlichen Dynamik der betrachteten Systemebene auftreten. Die intelligente, gleichmäßige und kleinräumige Verteilung der energiedissipativen strukturellen Dämpfungsglieder (kleinräumige und kurzgeschlossene Kreislaufführung) scheint mir deshalb für die Stabilität der Teilsysteme von höchstem Stellenwert und vorrangiges Bewirtschaftungsziel zu sein wenn Nachhaltigkeit die Zielgröße darstellt.
In der Realität ist die Internalisierung weitgehend kreisgeschlossener Prozesse in einer Zelle (mit maximaler Kohärenz, minimierter Beliebigkeit und minimierter Offenheit) der natürliche Ansatz unter dynamischen Bedingungen die dissipativen vielfach lebenden Strukturen an den Potentialen von Grenzflächen zu maximieren und damit allmählich eine ausgeglichene Bilanz von Energieeinstrahlung und Dissipation der Energie (Festlegung in geordneten Strukturen bei maximierter Strukturdynamik und minimierter Temperatur) zu erhalten. Übersetzt in Nachhaltigkeitsstrategie sind dies die Minimierung von Entropie und Maximierung des thermodynamischen Wirkungsgrades. Eine sich dynamisch optimierende Schöpfung mit zunehmender Intelligenz (phasengerechtes Verhalten) der dissipativen Strukturen (z.B.Organismen) und ihrer Verteilung auf unserem Planeten ließe die (kaum beantwortbare weil nicht observierbare) Frage nach der Energetik des gesamten Universums zweitrangig erscheinen.
Mir ist es daher sehr wichtig die neuen Dissipationsebenen von ökonomischen und sozialen Potentialen den energetischen Potentialen nachzuordnen, da diese für unsere Gesellschaften und deren Stabilität von eminenter Bedeutung sind. Wenn die Freiheitsgrade der Gesellschaften jedoch unter friedlichen Bedingungen zu erhalten sind, würde dieses nur möglich werden wenn das Kriterium der Richtungssicherheit im Handeln allmählich allgemein anerkannt wird. Die Dissipation sämtlicher Potentiale in der physischen Welt müsste sich deshalb auch weitestgehend an den Gesetzmäßigkeiten der energetischen Dissipation orientieren. Die Kreislaufschließung sowie die Verteilung der Kreisläufe durch Bewirtschaftung dürfen also nicht ihre Stabilität einbüßen und dem allgemeinen Beliebigkeitswahn und Wunschdenken überalterter Gesellschaften und ihren ökonomischen und soziologischen Paradigmen zum Opfer fallen. Eine Anerkennung der strukturierenden Rückkopplung limitierter Systeme als Basis friedlicher Gesellschaftsverträge sowie die Erhaltung der Dämpfungseigenschaften durch natürliche Rückkopplung müssten meines Erachtens in die Verfassung moderner Staaten gleichrangig wie die Menschenrechte aufgenommen und durch Schulung in den Lebensalltag übernommen werden.
Du schreibst „Strukturen und ihre möglichen „Dissipationsebenen“ sind also wechselseitige Spiegel!“
Hier kommen nun die „Sternstunden der Evolution“ ins Spiel. Immer dann, wenn neue Kombinationen diese Austauschebenen entstehen, die Wechselwirkungen auf diesen „neuen“ Dissipationsebenen sich verfestigen, immer dann gibt es einen Evolutionssprung, neue Systeme entstehen und damit neue Austauschebenen und neue Dissipationspotentiale.“
Ich glaube dass hier die Betonung auf den Kriterien für die Verfestigung liegen, wenn diese Verfestigung nämlich zur weiteren Öffnung von Kreisläufen und damit zu einer Degradierung des Wirkungsgrades führt, verschlechtert sich die Ressourcenökonomie und wir ernten taube Evolutionsfrüchte. Eine Verfestigung von Nachhaltigkeit steigernder Schließung von Kreisläufen in kleinräumiger intelligenter Verteilung führt jedoch erst zu positiven stabilen Evolutionsresultaten, nachhaltigen Strukturen und der Möglichkeit richtungssicher zu handeln.
Dies hieße allerdings, dass die zellularen beobachtbaren Teilsystemgrößen und ihre raumzeitliche Kopplung bzw. Verteilung das energetische Wirkungsgradkriterium erfüllen müssten, während ökonomische und soziologische Kriterien und Potentiale sich den physikalischen Potentialen nachordnen müssten. Gleichzeitig müsste die Systemreparatur und Steuerung auf nationaler oder regionaler Ebene, zellulär gegliedert und nicht im nicht systemrelevanten, nicht beobachtbaren, globalen Kontext erfolgen. Die relevanten Prozesse müssten zuerst identifiziert und in Rückkopplung an das physische System lokal durch die Einbringung systemrelevanter Dämpfungsglieder wie den dissipativen Wasserprozessen gesteuert werden.
Vielleicht konnte ich diesmal mit einem etwas weniger geschnittenen Ball zum Match beitragen.
Mit besten Grüssen Dir und den Deinen. Auf Deinen nächsten Ping freut sich Dein

Willy

1 Kommentar:

  1. Die Idee Eures Zukunftspostdialoges ist wirklich klasse! Ich bin sehr gespannt, ob ihr es schafft, ein für den Zuschauer nachvollziehbares Ping-Pong Match zu spielen. Das Themenfeld erscheint enorm. Den Zuschauer dort hindurchzuleiten, ohne dass er vorher das Match verlässt sehe ich als eine große Herausforderung. Einfache Wortfindungen, kurze Erläuterungen von Fachbegriffen oder mehr Beispiele wären hilfreich.
    Für den Leser und eine spätere Gesamtüberarbeitung wäre es auch dienlich, am Anfang die Frage/Themen, die bearbeitet werden kurz aufzulisten und am Ende eines Kommentars die wichtigsten Aussagen zusammenzufassen.

    An einigen Stellen scheint es förderlich zu sein, eine dritte Person einzubauen, welche die große Linie im Auge behält, indem sie z.B. darauf achtet, dass ein Ping oder Pong auch ausreichend und verständlich beantwortet wird und über entsprechende Kommentare eingreift.

    Ansonsten: Viel Spaß und Durchhaltevermögen beim Weiteren Ping-Pong!

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